Rechtzeitig vor der nächsten Kommunalwahl im März 2026 sollen umfassende kommunalrechtliche Änderungen, unter anderem in der Hessischen Gemeindeordnung, vorgenommen werden. Kommunalminister Roman Poseck hat über die geplanten Änderungen im Kommunalrecht in Wiesbaden informiert und ausgeführt:
„Wir wollen das Kommunalrecht modernisieren, um Handlungsfähigkeit und Spielräume der hessischen Kommunen zu erhöhen. Dabei handelt es sich um die umfassendste Kommunalrechtsnovelle seit zehn Jahren. Die Kommunen sind das Fundament unserer Demokratie. Sie leisten gerade in diesen herausfordernden Zeiten Enormes. Mit großem Einsatz und viel Pragmatismus haben sie in der Corona-Pandemie und in der Flüchtlingsbewegung bewiesen, was sie in Krisenzeiten leisten können.
Auch die Kommunen stehen vor einer schwierigen Haushaltslage, die vor allem auf Einnahmeverluste infolge der schlechten Wirtschaftslage Deutschlands zurückzuführen ist. Deshalb ist es gerade jetzt so wichtig für die Kommunen, bestmögliche rechtliche Rahmenbedingungen zu gewährleisten. Im Übrigen werden wir die Kommunen auch durch ein großzügigeres Vorgehen bei den Haushaltsgenehmigungen und einen deutlichen Abbau von Bürokratie entlasten. Zudem wird die Verschiebung der zweiten Erhöhung der Beamtenbesoldung in 2025 nicht nur dem Land, sondern auch den Kommunen Entlastungseffekte bringen. Bürgermeister haben mir in den letzten Wochen immer wieder erläutert, wie stark die hohen Abschlüsse bei den Tarifverträgen und bei der Beamtenbesoldung die kommunalen Finanzen belasten.
Wir passen mit unserem Gesetzesentwurf das Kommunalrecht den aktuellen Bedürfnissen an und stärken damit die kommunale Selbstverwaltung und die Handlungsfähigkeit der Kommunen.
Im Einzelnen sieht das neue Gesetz vor:
Stärkung der Handlungsfähigkeit kommunaler Parlamente
Wir wirken der oft lähmenden Zersplitterung entgegen, indem das Auszählverfahren auf das auch in anderen Ländern angewandte d`Hondtsche Höchstzahlverfahren von dem Hare-Niemeyer-Verfahren umgestellt wird. Ferner soll die Ein-Personen-Fraktion, die es so nur in Hessen gibt, abgeschafft werden.
Des Weiteren werden wir die Möglichkeit digitaler Sitzungsformate eröffnen, wobei die Entscheidung des Umfanges vor Ort getroffen werden soll. Wir werden es den kommunalen Parlamenten auch leichter machen, in eigener Verantwortung eine Verkleinerung vorzunehmen. Hierfür soll in Zukunft eine einfache Mehrheit statt der gegenwärtig vorgesehenen Zwei-Drittel-Mehrheit ausreichen.
Bürokratieabbau für Kommunen
Wir wollen die Kommunen vor überflüssigen bürokratischen Ballast befreien und die Abläufe effizienter gestalten. Um wichtige Infrastrukturprojekte in ihrer zügigen Realisierung nicht zu gefährden, sind bei bestimmten Infrastrukturvorhaben keine Bürgerbegehren mehr möglich.
Wir müssen in unserem Land schneller werden, wenn es um die Erneuerung und Weiterentwicklung der Infrastruktur geht. Bürger können und sollen sich weiter intensiv einbringen, aber irgendwann müssen Ergebnisse auch feststehen und umgesetzt werden. Das hessische Recht soll an dieser Stelle übrigens an die Rechtslage in anderen Bundesländern angepasst werden.
Zudem können die Kommunen zukünftig auf das Haushaltssicherungskonzept für die mittelfristige Ergebnis- und Finanzplanung verzichten. Auch die Pflicht zur öffentlichen Auslegung des Haushaltsplans sowie des Jahresabschlusses an sieben Tagen durch die Pflicht zur Veröffentlichung im Internet entfällt künftig.
Steigerung der Attraktivität kommunaler Wahlämter
Wir wissen um die hohe Belastung und Verantwortung der Bürgermeister, Landräte und Beigeordneten. Dies wollen wir auch in der Besoldung zum Ausdruck bringen. Ab der zweiten Wahlperiode soll ein 8-prozentiger Zuschlag gewährt werden. So geben wir einen Anreiz, sich der Verantwortung auch über einen längeren Zeitraum zu stellen. Auch die Dienstaufwandsentschädigung soll steigen und dynamisiert werden, indem sie an die Entwicklung des Gehalts gekoppelt wird. Auch die Regelung zum Ruhestand werden wir verbessern, indem die Möglichkeit eines Ruhestandes auf Antrag bei Erreichen der Altersgrenze eingeführt werden soll.
Stärkung kommunaler Daseinsvorsorge
Zudem ist eine Erweiterung der wirtschaftlichen Betätigung der Kommunen im Wohnungsbau und im Hinblick auf erneuerbare Energien vorgesehen.
Die Beteiligung von jungen Menschen und von Senioren soll gestärkt werden sowie eine gute Kommunikationskultur fördern.“
Abschließend führte Innenminister Roman Poseck aus: „Mit unserem Gesetzentwurf steigern wir die Leistungsfähigkeit unserer Kommunen. Ich danke allen, die sich in die Kommunalrechtsnovelle bislang so konstruktiv eingebracht haben. Ich bin auch weiterhin offen für ergänzende Vorschläge, um die Kommunen noch weiter zu stärken. Dies gilt insbesondere auch für das zentrale Thema des Bürokratieabbaus. Wir sollten gemeinsam an einem Strang ziehen, um die besten Lösungen für die Politik vor Ort zu finden.
Wir haben zu dem Reformentwurf bereits umfangreiche Beteiligungen durchgeführt und aus der Praxis ein positives Echo erfahren. Nun wird sich der Hessische Landtag in der nächsten Woche erstmals mit dem Reformvorhaben befassen. Ein Inkrafttreten des Gesetzes wird für das Frühjahr des nächsten Jahres angestrebt, damit die Änderungen in die Vorbereitung der Kommunalwahl 2026 einfließen können. Mit dem Reformwerk setzt Schwarz-Rot wiederum wichtige Teile des Koalitionsvertrages bereits im ersten Jahr der Koalition um.“