Er kann zu jeder Zeit überall auftreten und jeden treffen. Betroffene sterben oft vor allem deshalb, weil ihnen nicht rechtzeitig durch eine Wiederbelebung geholfen wird, bevor Notarzt oder Rettungsdienst vor Ort sind. „Das beherzte Eingreifen von uns allen in einer Notsituation ist überlebensentscheidend. Aber nur bei der Hälfte der zirka 70.000 Fälle eines Herzstillstands außerhalb eines Krankenhauses in Deutschland ist das der Fall“, sagt der Vorstandsvorsitzende der Deutschen Herzstiftung Prof. Dr. Thomas Voigtländer. Aktuell liegt die Laien-Reanimationsquote in Deutschland lediglich bei 51 Prozent. „Es besteht daher dringender Handlungsbedarf.“
Unterricht in Wiederbelebung
Um zu einer signifikanten Steigerung der Zahl der Ersthelferinnen und Ersthelfer beizutragen, führt das Land Hessen, verpflichtenden Unterricht in Wiederbelebung in der Klasse 7 ein. „Die Schule ist der beste Ort, um gesellschaftlich notwendige Änderungen anzustoßen. Unser niederschwelliges und leicht umzusetzendes Konzept soll alle Kinder und Jugendlichen erreichen und sie so in die Lage versetzen, bei einem Herz-Kreislauf-Stillstand sofort handlungsfähig zu sein“, betont Armin Schwarz, Hessischer Minister für Kultus, Bildung und Chancen. Es gehe dabei nicht darum, „professionelle Rettungskräfte auszubilden, sondern einen landesweiten Mindeststandard zu garantieren“. In diesem Zuge gelte es vor allem, „Ängste und Vorbehalte pädagogisch begleitet abzubauen und ein wichtiges Thema durch Kinder und Jugendliche verstärkt in die Familien und Peer-Gruppen zu bringen“.
Ziel: Wiederbelebungsunterricht an allen weiterführenden Schulen
Nach einer erfolgreichen Pilotphase mit 30 Schulen im Schuljahr 2023/2024 werden in diesem Schuljahr zunächst 180 weitere Schulen in das Programm aufgenommen. Im Laufe der nächsten drei Jahre sollen dann alle weiterführenden Schulen in Hessen Unterricht in Wiederbelebung in Klasse 7 durchführen und ist damit bundesweit Vorreiter. Über den Rahmen für die Umsetzung entscheiden die Schulen selbst. Bewährt haben sich hier die Einbindung in den Regelunterricht (beispielsweise in den Fächern Biologie oder Sport) oder in Projekttage oder -wochen.
„Dass die Wiederbelebung nun fester Bestandteil des hessischen Schulunterrichts wird, ist ein folgerichtiger Schritt zur Verbesserung der Laien-Reanimationsquote in der Bevölkerung“, unterstreicht der Herzstiftungs-Vorsitzende Prof. Voigtländer.
Wichtiger Meilenstein im Kampf gegen die Sterblichkeit durch den plötzlichen Herztod
„Die Einführung des Wiederbelebungsunterrichts in Hessen ist ein wichtiger Meilenstein im Kampf gegen die Sterblichkeit durch den plötzlichen Herztod, denn auch Schülerinnen und Schüler können im Ernstfall am Beginn der Rettungskette stehen und dank solcher Unterrichtseinheiten die Überlebenschancen möglicherweise erhöhen“, betont Dr. Sonja Optendrenk, Staatssekretärin im Hessischen Ministerium für Familie, Senioren, Sport, Gesundheit und Pflege.
Anhand verschiedener Module, die auf einer zentralen LernplattformÖffnet sich in einem neuen Fenster zur Verfügung gestellt werden, können sich Lehrkräfte niederschwellig in der einfachen Methode „Prüfen-Rufen-Drücken“ fortbilden. Zusätzlich haben die Deutsche Herzstiftung und das Hessische Ministerium für Kultus, Bildung und Chancen umfassende Informationen sowie didaktisch professionell aufbereitete Materialien bereitgestellt, die direkt im Unterricht eingesetzt werden können. Zudem bietet die Deutsche Herzstiftung regelmäßige Online-Sprechstunden für Lehrkräfte mit zusätzlichem medizinischem Beratungsbedarf an. Damit ist der Unterricht für die Schulen einfach umzusetzen.
Die Björn Steiger Stiftung beliefert als Kooperationspartner alle weiterführenden hessischen Schulen mit jeweils 12 Reanimationspuppen und stellt in Zusammenarbeit mit den regional tätigen Hilfsorganisationen (DRK, Malteser Hilfsdienst, Johanniter-Unfall-Hilfe) zusätzliche Präsenzschulungen auch für den Umgang mit optionalen automatisierten externen Defibrillatoren (AED) für Schulen zur Verfügung. Das optionale Zusatzmodul passt sich in die Initiative „HERZSICHER“ der Björn Steiger Stiftung ein.
Realisierung mit kompetenten Partnern
Dass die Schule ein idealer Ort ist, um bereits in jungen Jahren die nötigen Kompetenzen zu vermitteln, erklärt Pierre-Enric Steiger, der Präsident der Björn Steiger Stiftung: „Junge Menschen ab der siebten Klasse sind absolut in der Lage, Erwachsene zu reanimieren. Wir sollten sie daher auch dringend dazu befähigen. Wenn Schülerinnen und Schüler die Grundzüge der Reanimation beherrschen, kann der zusätzliche Einsatz von Defibrillatoren den Mindeststandard des Rettens wirkungsvoll ergänzen.“
„Die vertrauensvolle Kooperation mit unseren kompetenten Partnern, der Deutschen Herzstiftung und der Björn Steiger Stiftung, sowie die bewährte Zusammenarbeit mit den Hilfsorganisationen vor Ort ermöglichen es uns, das Thema Wiederbelebung flächendeckend in unsere Schulen zu bringen“, so Bildungsminister Schwarz. „Durch dieses Netzwerk haben wir zudem die Möglichkeit, interessierten Schulen auch für die Weiterarbeit über den verbindlichen Mindeststandard hinaus, etwa in höheren Klassenstufen, Hilfestellungen zu geben und so einen noch größeren Beitrag zu leisten.“