Der Ausbruch der Afrikanischen Schweinepest (ASP) Mitte Juni im Landkreis Groß-Gerau ist längst kein Thema mehr, das allein Hessen betrifft. „Wir liegen mitten in Deutschland, mitten in Europa, umgeben von sechs Bundesländern und der Rhein bildet die Verbindung zu angrenzenden EU-Staaten. Es liegt im nationalen und europäischen Interesse, die weitere Ausbreitung der Afrikanischen Schweinepest zu stoppen.“ Mit diesen Worten wandte sich der Hessische Landwirtschaftsminister Ingmar Jung heute auf der Herbst-Agrarministerkonferenz in Oberhof (Thüringen) an den Bund und an seine Kolleginnen und Kollegen aus den Ländern. Jung verdeutlichte: „Hessen stemmt diese Herausforderung mit hohem finanziellem Aufwand. Wir sind allerdings noch nicht am Ziel. Ich appelliere daher an den Bund und an die Gemeinschaft der Länder, jetzt zusammenzustehen und auch die finanzielle Last gemeinsam zu tragen.“ Baden-Württembergs Minister für den ländlichen Raum, Peter Hauk, unterstützte die hessische Position bei einer Pressekonferenz zum Abschluss der AMK. Hauk würdigte die Anstrengungen Hessens und sagte: „Nutzen daraus haben andere Bundesländer und der Bund. Daher braucht es eine solidarische Finanzierung.“ Der von Hessen eingebrachte Beschlussvorschlag mit einer klaren Bitte an den Bund zur ernsthaften Prüfung einer finanziellen Unterstützung der Länder war zuvor einstimmig von allen 16 Bundesländern verabschiedet worden. Jetzt ist der Bund gefordert, die notwendigen Schritte einzuleiten und sich auch auf der EU-Ebene für eine Ausweitung der Ko-Finanzierungsmöglichkeiten einzusetzen.
Drängen auf den Durchbruch beim Bürokratieabbau
Auch bei einem anderen Thema sehen die Länder den Bund in der Pflicht: dem Abbau von Bürokratie. „Eine der vordringlichsten agrarpolitischen Aufgaben sehe ich in einem schnellen und durchgreifenden Bürokratieabbau. Die Länder haben dazu bereits im Frühjahr rund 200 konkrete Vorschläge an den Bund gerichtet. Die heute vorgelegten ersten Ergebnisse sind ein Einstieg, aber noch lange kein Durchbruch. Hier liegt noch eine Wegstrecke vor uns, für die ich mir künftig stärkere politische Mehrheiten wünsche“, kommentierte Landwirtschaftsminister Jung das weitere Schwerpunktthema der Agrarministerkonferenz.
Auch die Ausrichtung der Europäischen Agrarpolitik nach 2027 war Gesprächsthema der Fachkonferenz. Der Austausch bildete den Auftakt für einen strategischen Dialog, der mit der Einberufung der neuen EU-Kommission gegen Ende des Jahres Fahrt aufnehmen dürfte. „Wir werden neben den Zielen des Klima- und Umweltschutzes auch der Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit, der Versorgungssicherheit sowie der ländlichen Entwicklung einen größeren Stellenwert einräumen müssen. Besonders dringlich sind Vereinfachung und Bürokratieabbau, aber auch eine stärkere Fokussierung auf wirksame Risikomanagementinstrumente“, erklärte Staatsminister Jung.
Mehrgefahrenversicherung und Entwaldungsverordnung als weitere Themen
Zu weiteren von Hessen mit eingebrachten Tagesordnungspunkten wurden Beschlüsse gefasst: zur Förderung von Mehrgefahrenversicherungen, zur praxisgerechten Anwendung der neuen EU-Entwaldungsverordnung, zur weiteren Umsetzung des Düngegesetzes, zur Stärkung des Einsatzes von erneuerbaren Kraftstoffen und alternativen Antriebstechnologien in der Land- und Forstwirtschaft und zum Auslaufen des Waldklimafonds.
So hat sich die AMK darauf verständigt, den Bund um Mitfinanzierung beim Angebot für Mehrgefahrenversicherungen für die landwirtschaftlichen Betriebe zu bitten. Die Landwirtschaft ist durch den Klimawandel immer stärker dem Risiko von Wetterextremen ausgesetzt. Hagel, Starkregen, Überschwemmungen, Spätfröste, Trockenheit und Dürre verursachen mit unterschiedlicher regionaler bzw. lokaler Betroffenheit immer häufiger witterungsbedingte Schäden in existenzbedrohendem Ausmaß für die Betriebe. Hessen plant die Einführung eines solchen Angebots für eine Mehrgefahrenversicherung – mit Unterstützung durch Bundesmittel könnte man die Betriebe noch besser unterstützen.
Hessen hat sich bei der AMK außerdem für die Interessen der Forst- und Landwirtschaft hinsichtlich der praktikablen Umsetzung der EU-Entwaldungsverordnung eingesetzt, um ein Bürokratiemonster zu verhindern. Deutschland verfügt über eine sehr strenge Gesetzgebung zum Schutz des Waldes. Eine Entwaldungsproblematik besteht hierzulande nachweislich nicht. Daher sind bei der nationalen Umsetzung unnötige Bürokratie sowie unnötiger Dokumentations- und Kontrollaufwand unbedingt zu verhindern – es müssen pauschale Regelungen zur Entlastung der Betriebe gefunden werden.